„D‘Veegl erkennt mr an de Feadra!“
168. Cannstatter Volksfestumzug und mit dabei die Trachtengruppen der Banater Schwaben
Am Sonntag, den 29. September 2013 haben sich rund 4000 Trachten- und Uniformträger, Kutschen, Festwagen und Oldtimer zum 168. Volksfestumzug in Stuttgart-Bad Cannstatt versammelt und ein unvergessliches Erlebnis geboten. Mitten unter ihnen eine Gruppe der Banater Schwaben, fein geschmückt in ihren Festtagstrachten. Doch sie hatten nicht nur ihre schönen Trachten im Gepäck.
Sonntag morgen 8 Uhr, Feuerwache drei in Bad Cannstatt. Noch etwas müde, aber dennoch guter Laune betraten 15 Trachtenpaare aus Esslingen/Wendlingen, Karlsruhe, Göppingen und Wernau mit ihren Helfern die Turnhalle der Feuerwehr.
Unter ihnen die 16-jährige Ann-Kathrin Kobsa aus Wendlingen. Mit einem fröhlichen „Guten Morgen, gleich geht‘s los. Ich bin schon ganz aufgeregt“ betrat sie die Halle, mit dabei in einem großen Karton ihre Tracht.
Viel Zeit zum Umziehen blieb ihr und den anderen aber nicht, denn um 10 Uhr sollte schon die Aufstellung zum Umzug sein. Jetzt hieß es: schnell Haare flechten, Röcke sortieren, ankleiden, Tücher stecken und standfest bleiben. Denn für die nächsten Stunden herrschte für die Damen Sitzverbot. Es wäre aber auch schade, um die in mühsamer Handarbeit gestärkten und in viele Falten gelegten Unterröcke.
„Mir macht das nichts aus, das gehört doch dazu. Ausserdem macht‘s ja Spaß. Man trägt die Tracht ja nicht jeden Tag. Das ist schon etwas Besonderes hier“ erzählte Ann-Kathrin. Etwas traurig fügte sie hinzu „Schade nur, dass das Wetter nicht mitspielt. Dabei sollte es laut Wetterbericht doch gar nicht regnen.“ Ja von Kaiserwetter konnte leider wirklich nicht die Rede sein, statt Sonnenschein, gab‘s Regen und statt blauem Himmel, dunkle Wolken.
„Das wird schon noch, ihr werdet sehen“, versuchte Renate Krispin, Leiterin der Trachtengruppe des Kreisverbandes Esslingen, zu beschwichtigen. „Wir haben die Schirme dabei. Immer wenn wir die im Gepäck haben, regnet‘s bei Umzügen nicht. Das ist ein gutes Omen. Die Sonne kommt, glaubt mir“, fügte sie lächelnd hinzu. Aber nicht nur Schirme waren mit im Gepäck. „Ich habe fünf Kilo Salzkipfel gebacken“, erklärte Renate Krispin, „ausserdem haben wir acht Liter Wein dabei“, ergänzte ihr Mann Arnold grinsend, während beide den Bollerwagen für den Volksfestumzug vorbereiteten.
Durch das ursprünglich landwirtschaftliche Volksfest wollte König Wilhelm I. von Württemberg im Jahr 1818 die Wirtschaft in Schwung bringen. Heute
beheimatet der Cannstatter Wasen alljährlich eines der größten Volksfeste der
Welt und ermöglicht auch Heimat- und Brauchtumsgruppen sich der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Bereits zum vierten Mal sorgte Renate Krispin, dank über die Jahre gewachsener guter Beziehungen zum Organisationskomitee des Volksfestumzuges, dafür, dass ihre Gruppe am Cannstatter Festumzug teilnehmen konnte. „Nur so ist es uns möglich, uns, unsere Tracht und unsere Traditionen einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Deshalb bin ich sehr froh und dankbar, dass wir auch in diesem Jahr wieder dabei sein dürfen“, erzählte sie voller Stolz.
Die Schirme schienen tatsächlich eine gute Investition gewesen zu sein, denn pünktlich zum Abmarsch Richtung Aufstellplatz hörte es auf zu regnen. Der Himmel riss auf und die Sonne kam zum Vorschein.
In der Umzugsgruppe „D‘Veegl erkennt mr an de Feadra!“ marschierten die Banater Schwaben mit Schwung und guter Laune durch die historischen Gassen Bad Cannstatts . Mit einer extra für diesen Tag vorbereiteten Aufmarsch-Choreographie boten sie den Zuschauern die Gelegenheit, die Trachten aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten. Die Marschmusik dazu lieferte Lukas Krispin am Akkordeon.
Einziger Wermutstropfen: immer wieder stockte der Umzug.
Die Pausen wurden aber gut genutzt: zum Plauschen mit den Zuschauern oder anderen Umzugsteilnehmern. So ließen es sich die Männer der Trychlergruppe Dietikon aus der Schweiz beispielsweise nicht nehmen, gemeinsam mit den festlich geschmückten Banater Mädchen ein Erinnerungsfoto zu machen. Die 15 Kilogramm schweren Kuhglocken der Schweizer durften auf dem Bild natürlich auch nicht fehlen. „Ein Fotöli mit so vielen hübschen Mädchen lässt man sich doch nicht entgehen“, sagte Martin Camenzind von den Trychlern schmunzelnd und blickte in die Kamera. Während die Mädchen für die Kamera posierten, versorgten die Banater Buben die Besucher mit herrlichem Rotwein. Ob es am Wein oder an den Hüten lag, dass so manche Zuschauerin bewundernd rief „Mensch, ihr Bube seid ja hübscher als die Mädle“.
Der Festumzug endete traditionell am Cannstatter Wasen, wo anschließend bei Göckele (gegrillte Hähnchen) und Bier gemeinsam gefeiert wurde. Alles in allem ein gelungener Tag: die Flaschen sind leer, die Kipfel gegessen und die Zuschauer glücklich. Und die Banater Schwaben? Müde aber glücklich zog Ann-Kathrin eine positive Bilanz: „Es war wie immer anstrengend. Wir waren jetzt gut sechs Stunden in den Trachten. Doch hat es auch super viel Spaß gemacht, vor allem als dann auch noch die Sonne rauskam. Ich freue mich schon jetzt aufs nächste Mal.“
„Aber gell, die Schirme dürfen wir nicht vergessen“, ergänzte Renate Krispin augenzwinkernd.
Ines Szuck